175 Jahre deutsche Briefmarken

Vor 175 Jahren, am 1. November 1849, wurden in Deutschland die ersten Briefmarken verkauft. Allerdings nicht in ganz Deutschland, sondern nur im Königreich Bayern. Einen einheitlichen deutschen Staat gab es damals noch nicht. Es gab nur einen lockeren Deutschen Bund (ähnlich der Europäischen Union), dem zahlreiche größere, kleinere und ganz kleine souveräne Staaten angehörten, u.a. das Kaiserreich Österreich (ohne Ungarn und Lombardo-Venetien), das Großherzogtum Luxemburg und das Herzogtum Limburg in den Niederlanden, aber nicht das Herzogtum Schleswig und die polnischen Gebiete Preußens und Ostpreußen.

Ebenso gab es damals im Deutschen Bund zahlreiche Postverwaltungen, nicht ganz so viele wie Staaten, da zahlreiche kleine Staaten, aber auch das Königreich Württemberg, die Fürsten von Thurn und Taxis mit der Postverwaltung beauftragt hatten. Und nur eine dieser zahlreichen Postverwaltung, die des Königreichs Bayern, brachte am 1. November 1849 Briefmarken an die Postschalter.

Wenn von den ersten bayrischen Briefmarken von 1849 die Rede ist, denkt jeder Sammler sofort an den Schwarzen Einser, die Briefmarke zu einem Kreuzer. Tatsächlich sind am 1. November aber drei Briefmarken herausgegeben worden, zu einem, drei und sechs Kreuzer. Der Schwarze Einser war für den damaligen Postverkehr eigentlich am unbedeutensten, er war nur für Ortsbriefe und Drucksachen zu verwenden. Einen Kreuzer für einen Ortsbrief gab der Absender nur in größeren Städten aus, und Drucksachen wurden auch nicht so oft verschickt. Häufig verwendet wurden dagegen die Marken zu drei Kreuzer für Briefe bis einem Loth und 12 Meilen und zu sechs Kreuzer über 12 Meilen. Das bedeutete zugleich eine erhebliche Senkung der Postgebühren, denn bislang gab es Briefgebühren zwischen 3 und 12 Kreuzer für Entfernungen zwischen 6 und 30 Meilen, und ein einfacher Brief durfte nur ein halbes Loth wiegen.

Deutlich seltener ist der Schwarze Einser auch deshalb, weil er schon im Oktober/November 1850 durch eine rote Marke zu einem Kreuzer ersetzt wurde, die die Wertziffer jetzt auch in einem Kreis zeigt. Die schwarze Farbe hatte sich als nicht so praktisch erwiesen, wenn es um das Erkennen des Stempels ging. Diese Erfahrung hatten auch schon die Briten gemacht, als sie die Black Penny von 1840 schon 1841 durch eine rotbraune Marke ersetzten. Die bayrische Post hat sich aber wohl weniger die britische Marke zum Vorbild genommen (außer die Idee), sondern eher die Marken des Kantons Zürich von 1843, die wie die bayrischen Marken im Zentrum die Wertziffer, oben den Landesnamen und unten den Verwendungszweck zeigen. Die Black Penny verzichtet dagegen ganz auf den Landesnamen. Das kam in der Anfangszeit der Briefmarken häufiger vor (z.B. bei Preußen, die die britischen Marken zum Vorbild nahmen). Heute gibt der Weltpostverein vor, dass der Name des Landes oder der Postverwaltung auf den Briefmarken angegeben wird, nur Großbritannien verzichtet weiterhin darauf und zeigt stattdessen auf jeder Briefmarke den Kopf der jeweiligen Königin oder des Königs.

Der Schwarze Einser ist nicht nur seltener, er ist bei den Sammlern als angeblich erste deutsche Briefmarke auch begehrter. Das zeigt sich auch am Preis. Im Michel ist sie ungebraucht zwischen 600 und 1800 Euro notiert, gebraucht zwischen 1.800 und 3.500 Euro. Angebote findet man auf den Verkaufsplattformen um die 1.000 Euro reichlich, tatsächlich werden auf Auktionen in akzeptabler Erhaltung rund 500 Euro erzielt. Für einen Schwarzen Einser auf Brief muss der Sammler sogar einige Tausend Euro bezahlen, und wenn es ein Ersttagsbrief sein soll, findet sich sogar ein reicher Liebhaber, der 440.000 Euro dafür ausgibt.

Dieser Ersttagsbrief befindet sich leider nicht in meiner Sammlung, dafür reicht das Geld nicht.

Wer die „erste“ deutsche Briefmarke besitzen will, muss aber keine 500 oder 1.000 Euro ausgeben. Die Marken zu drei und sechs Kreuzer sind ebenfalls am 1. November 1849 erschienen und deshalb auch erste deutsche Briefmarken.  Sie sind für einige Euros überall zu bekommen, sogar auf ganzen Briefen. So können sich auch Sammler mit kleinem Geldbeutel an den ersten deutschen Briefmarken erfreuen.