Regelverstoß bei der Fußballweltmeisterschaft?
Derzeit ist die Fußballweltmeisterschaft wieder einmal in aller Munde – und das nicht nur positiv. Zum ersten Mal findet die Fußballweltmeisterschaft im Winter statt, und zum ersten Mal in einem Land, dass mit Fußball eigentlich gar nichts zu tun hat. Aber über die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Qatar geht es hier nicht und auch nicht um Verstöße gegen die Fußballregeln.
Der Blick geht weit zurück, in das Jahr 1974. Zu der Zeit wurde zum ersten Mal die Fußballweltmeisterschaft in Deutschland (West) ausgerichtet. Damals konnte ein Land die Ausrichtung noch nicht bei der FIFA kaufen, bei der Bewerbung kam es auf ein überzeugendes Konzept an. Dass das ausrichtende Land einen Bezug zum Fußball hatte, galt noch als selbstverständlich, und auf die Bundesrepublik Deutschland, den Weltmeister von 1954, traf dies sicher zu.
Die Fußballweltmeisterschaft war für Deutschland natürlich ein besonderes Großereignis und wurde deshalb von der Bundespost sogar mit zwei Sondermarken gewürdigt. Zuschlagsmarken für den Sport hatten sich 1974 noch nicht durchgesetzt, deshalb erschienen diese Marken ohne Zuschlag. Bei der nächsten Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 2006 war das anders, da erschienen zur WM nicht nur in 2005 vier Marken mit Zuschlag, sondern 2006 noch ein Block mit den vier Zuschlagsmarken. Man kann nur hoffen, dass diese Zuschläge dem Breitensport zugutegekommen sind und nicht dem Profifußball, wo Millionen hin und her geschoben werden.
Entworfen wurden die beiden Sondermarken 1974 von dem Grafikdesigner Erwin Poell, der zwischen 1965 und 1990 21 Briefmarken für die Deutsche Bundespost entworfen hat. Bei dieser Ausgabe hat er sich die Arbeit leicht gemacht. Er benutze einfach zwei Sportpressefotos. Das ging eigentlich nicht, weil lebende Personen (mit Ausnahme des Bundespräsidenten) auf deutschen Briefmarken nicht abgebildet werden dürfen. Damit keine lebenden Personen zu erkennen waren, hat der Entwerfer Poell die Fotos einfach grob gerastert. Für normale Postnutzer mag das reichen, aber Fußballfans, die jedes Spiel der deutschen Nationalmannschaft verfolgen, werden schon geahnt haben, wer auf den Marken zu sehen war.
Der Fotograf des Fotos für die 40-Pfennig-Marke hat sein Foto für eine Maximum-Postkarte der Fa. FIDACOS zur Verfügung gestellt. Auf der Rückseite der Karte steht, dass es sich um eine Spielszene aus dem Länderspiel Deutschland-Frankreich vom 13.10.1972 handelt und dass Sven Simon das Pressefoto gemacht hat. Die Namen der Spieler stehen nicht auf der Karte, aber wer den Spieler in der Mitte nicht gleich erkennt, findet alles über das Spiel noch heute im Internet. Es handelte sich um ein Freundschaftsspiel, Deutschland gewann 2:1 und der deutsche Spieler auf der Briefmarke ist Uli Hoeneß. Die beiden Tore für Deutschland hat übrigens nicht er, sondern Gerd Müller geschossen. Also haben Entwerfer und Deutsche Bundespost hier eigentlich gegen die Regeln verstoßen, weil sie lebende Personen auf einer Briefmarke abgebildet haben.
Eine ähnliche Karte gibt es auch von der 30-Pfennig-Marke, aber hier dürfte es schwieriger sein, die Person zu ermitteln, weil sie nur von hinten zu sehen ist. Der Entwerfer Erwin Poell hat übrigens die nächste Briefmarke wieder für ein Sportereignis entworfen, für die Eishockeyweltmeisterschaft 1975. Dabei ist er sorgfältiger vorgegangen und hat die Spielszene gezeichnet.